Definition
Phospholipide
Phospholipide sind Membranlipide, bei denen Phosphorsäure eine entscheidende Rolle spielt. Man unterteilt die Phospholipide in zwei große Gruppen, die Glycero-Phospholipide und die Sphingo-Phospholipide.
Die Glycero-Phospholipide (Phospholglyceride) sind Verbindungen, bei denen ein Molekül des dreiwertigen Alkohols Glycerin mit zwei Fettsäure-Molekülen und einem Phosphorsäure-Molekül verestert ist. Der Phosphorsäure-Rest ist dann (auf der anderen Seite) mit einem polaren organischen Molekül verestert.
Die Sphingo-Phospholipide bestehen aus einem Sphingosin-Molekül, das mit einem Fettsäure-Molekül und einem Phosphorsäure-Molekül verestert ist. Der Phosphorsäure-Rest ist seinerseits mit einem polaren organischen Molekül verestert.
Grundaufbau eines Sphingo-Phospholipids
Der Aufbau eines Sphingo-Phospholipids wird auf einer eigenen Lexikon-Seite näher beschrieben. Für den Unterricht in der gymnasialen Oberstufe spielen Sphingo-Phospholipide nur eine untergeordnete Rolle, daher gehen wir in diesem Artikel nicht näher darauf ein. In den meisten Schulbüchern wird das Lecithin, ein Glycero-Phospholipid, exemplarisch als das Membranlipid schlechthin präsentiert. Darum beschäftigen wir uns auf dieser Seite nur mit den Glycero-Phospholipiden, die oft auch als Phosphoglyceride bezeichnet werden.
Grundaufbau eines Glycero-Phospholipids
Schauen wir uns nun den Grundaufbau eines Glycero-Phospholipids (Phosphoglycerids) an. Dazu wählen wir das Lecithin, das man auch als "Schulbuch-Membranlipid" bezeichnen könnte:
Die einzelnen Bestandteile des Glycero-Phospholipids sind farbig unterlegt. Rechts sehen wir - gelb unterlegt - die beiden Fettsäuren. Diese beiden Fettsäuren verleihen dem Phospholipid seine hydrophoben bzw. lipophilen Eigenschaften.
In der Mitte finden wir - hellblau unterlegt - das Glycerin. Als Alkohol ist Glycerin hydrophil bzw. lipophob. Zwei der drei OH-Gruppen des Glycerins sind mit den beiden Fettsäuren verbunden, die dritte OH-Gruppe ist mit einem Phosphorsäure-Molekül verestert.
Die Phosphorsäure, genauer gesagt, der Phosphorsäure-Rest, ist violett unterlegt. Phosphorsäure hat als dreiprotonige Säure drei OH-Gruppen, könnte also theoretisch mit drei Alkoholen verestert sein. Bei einem Phospholipid ist die Phosphorsäure aber nur mit zwei Alkoholen verbunden, nämlich auf der einen Seite mit dem Glycerin und auf der anderen Seite mit einem anderen Alkohol. Im Beispiel in Abbildung 1 handelt es sich hier um den Alkohol Cholin, der gleichzeitig auch eine sogenannte quartäre Ammoniumverbindung ist (achten Sie auf das positiv geladene Stickstoffatom ganz links, das mit vier anderen Gruppierungen verbunden ist, daher die Bezeichung "quartär").
Alkohole in Phospholipiden
Das obige Bild zeigt die Strukturformeln von vier wichtigen Alkoholen, die sowohl in Glycero- wie auch in Sphingo-Phospholipiden vorkommen.
Cholin
Das Cholinhttps://de.wikipedia.org/wiki/Cholin haben wir bereits in der Abbildung 1 kennengelernt. Cholin spielt nicht nur in Membranlipiden eine wichtige Rolle, sondern ist auch Bestandteil des Neurotransmitters Acetylcholin. Ein Phosphoglycerid mit Cholin als Alkohol wird auch allgemein als Lecithin bezeichnet. Lecithine sind sehr wichtige Lipide in der Zellmembran eukaryotischer Zellen, und in den meisten Schulbüchern wird ein Lecithin-Molekül als typischer Vertreter der Membranlipide gezeigt. In den Zellmembranen von Prokaryoten kommen Lecithine seltsamerweise überhaupt nicht vor.
Ethanolamin
Ethanolamin ist eine sehr einfach aufgebaute Verbindung. Es handelt sich eigentlich nur um ein Ethanol-Molekül, bei dem ein H-Atom durch eine Aminogruppe ersetzt wurde, die dann noch ein zusätzliches Proton aufgenommen hat. Die Phosphoglyceride, die Ethanolamin als Alkohol eingebaut haben, werden auch als Phosphatidylethanolamine bezeichnet. Diese Lipide sind sehr wichtig für den Aufbau von Zellmembranen.
Serin
Die Phosphatidylserine bilden eine weitere Gruppe der Phosphoglyceride. Die Phosphorsäure ist hier mit Serin verestert, also mit einer Aminosäure. Interessanterweise werden Phosphatidylserine in den Zellen aus Ethanolaminen synthetisiert. Dabei wird durch ein Enzym einfach der Alkohol Ethanolamin gegen die Aminosäure Serin ausgetauscht. Noch etwas ist interessant an den Phosphatidylserinen: Sie kommen normalerweise nur in der inneren Schicht der Lipid-Doppelschicht vor. Das Enzym Flippase verhindert, dass die Moleküle in die äußere Schicht gelangen. Erst wenn der Zelltod eingeleitet wird (Apoptose der Zelle), sorgt ein anderes Enzym dafür, dass Phosphatidylserine in die äußere Zellschicht gelangen. Makrophagen des Körpers erkennen dies und beginnen, die sterbenden Zellen zu fressen (Phagocytose).
Inositol
Inositol ist ein sechswertiger zyklischer Alkohol, der mit Zuckern wie Fructose und Glucose verwandt ist, allerdings ist Inositol kein Zucker, denn die Verbindung besitzt keine Carbonylgruppe. Die Phosphatidylinositole gehören ebenfalls zu den Phosphoglyceriden und sind wichtige Bestandteile der Lipid-Doppelschicht.
Fettsäuren in Phospholipiden
Es gibt sehr viele Fettsäuren, die sowohl in Glycero- wie auch in Sphingo-Phospholipiden vorkommen können. Die folgende Abbildung zeigt nur eine kleine Auswahl:
Achten Sie auf die Raumstruktur dieser Fettsäuren! Die gesättigten Fettsäuren sind recht gerade und langgestreckt, während die ungesättigten Fettsäuren einen "Knick" im Molekül haben. Das liegt daran, dass die C=C-Doppelbindungen einer Fettsäure stets in der cis-Form vorliegen. Bei den Transfettsäuren liegen die Doppelbindungen in der trans-Form vor, diese Fettsäuren haben dann keinen "Knick". Aber Transfettsäuren kommen nur recht selten in Biomembranen vor.
Für die Zellmembran hat der Anteil ungesättigter Fettsäuren weitreichende Konsequenzen. Je mehr ungesättigte Fettsäuren in den Phospholipiden (und in den anderen Membranlipiden) vorkommen, desto "flüssiger" ist die Lipid-Doppelschicht. Wegen der unregelmäßigen Raumgestalt ist die Kontaktfläche zwischen ungesättigten Fettsäuren kleiner als die zwischen gesättigten Fettsäuren. Von der Größe der Kontaktfläche hängt wiederum die Stärke der van-der-Waals-Kräfte ab, die zwischen den Fettsäuren herrschen. Und je stärker die van-der-Waals-Kräfte sind, desto stabiler und unflexibler ist die Zellmembran.
Lebewesen in kalten Gegenden haben daher einen höheren Anteil ungesättiger Fettsäuren in ihren Membranlipiden als verwandte Lebewesen in wärmeren Gegenden.
Bildung der Glycero-Phospholipide
Damit ein Glycero-Phospholipid-Molekül entstehen kann, werden folgende Komponenten benötigt:
- Ein Glycerin-Molekül
- Zwei Fettsäure-Moleküle
- Ein Phosphorsäure-Molekül bzw. ein Phosphat-Rest
- Ein polarer Alkohol
Das folgende Bild stellt schematisch die Synthese eines Phosphoglycerids dar:
Das Glycerin, die Fettsäuren und die polaren Alkohole sind mehr oder weniger frei verfügbar, der Phosphat-Rest dagegen entstammt einem Molekül CDP (Cytidindiphosphat). Vielleicht haben Sie schon einmal von ATP gehört, der Energiewährung der Zelle. Ein ATP-Molekül besitzt drei Phosphat-Reste. Durch Abgabe eines Phosphat-Restes entsteht ADP (Adenosindiphosphat). Das CDP besitzt auch zwei Phosphatreste. Bei der Synthese eines Phospholipids wird nun einer dieser beiden Phosphatreste an das Glycerin-Molekül abgegeben, übrig bleibt CMP, also Cytidinmonophosphat.
In Wirklichkeit ist die Biosynthese von Glycero-Phospholipiden noch etwas komplizierter. Wer sich dafür interessiert, schaut sich mal die Wikipedia-Seite "CDP-Cholin" an.
Anteile in der Zellmembran
In einem alten Biochemie-Buch (Alberts et. al, Molecular Biology of the Cell von 1983) habe ich eine Tabelle gefunden, die die Lipid-Zusammensetzung verschiedener Membranen zeigt. Diese Daten wollte ich Ihnen nicht vorenthalten. Demnach bestehen die Membranen der Mitochondrien zu 35% aus Phosphatidylethanolamin, zu 2% aus Phosphatidylserin und zu 39% aus Phosphatidylcholin (Lecithin). Cholesterin (auf das ich auf einer eigenen Seite eingehe) kommt nur zu 3% in der Mitochondrienmembran vor.
Die Membranen der Zellen der Myelinscheide (die Zellen, die die Axone der Nerven umgeben, um diese zu isolieren) bestehen zu 22% aus Cholesterin, zu 15% aus Phosphatidylethanolamin, zu 9% aus Phosphatidylserin und zu 10% aus Phosphatidylcholin. Außerdem kommen Sphingomyelin zu 8% und Glycolipide zu 28% in der Membran vor.
Man sieht also, dass Membranen verschiedener Zellen durchaus eine völlig unterschiedliche Lipid-Zusammensetzung haben können.