Amphipatische Membranlipide

Damit wir den Aufbau einer Biomembran besser verstehen können, müssen wir uns zunächst mit den Membranlipiden, den Hauptbestandteilen einer jeden Membran beschäftigen. Auf dieser Seite möchte ich mich aber nicht mit dem Aufbau einzelner Lipide beschäftigen, sondern mit der Frage, wie sich Lipid-Moleküle zu geordneten Strukturen wie Micellen oder Membranen organisieren.

Die wichtigste Eigenschaft der Membranlipide in diesem Zusammenhang ist wohl die, dass es sich um amphipatische Moleküle handelt. Unter diesem Begriff versteht man Moleküle, die sowohl ein lipophiles (fettlösliches) wie auch gleichzeitig ein hydrophiles (wasserlösliches) Ende habe.

Betrachten wir dazu die Struktur eines typischen Membranlipids:

Das in der Abbildung gezeigte Phospholipid besteht aus einem Glycerin-Molekül, das einerseits (rechts) mit zwei Fettsäure-Molekülen verestert ist, andererseits (links) mit einem Phosphorsäure-Moleküle. Die Phosphorsäure ist ihrerseits mit einem polaren Molekül, in diesem Fall Cholin, verestert. Der Cholin-Phosphorsäure-Teil des Phospholipids ist hydrophil, der Fettsäure-Teil des Lipids dagegen lipophil, was ich ja auch durch die Farbgebung deutlich gemacht habe.

Im weiteren Verlauf dieser Seite werde ich die amphipatischen Lipid-Moleküle stark vereinfacht darstellen, so dass ich auf den folgenden Zeichnungen recht viele dieser Moleküle unterbringen kann, um die Struktur größerer Lipid-Aggregationen zu verdeutlichen.

Der hydrophile "Kopf" besteht aus dem Glycerin, der Phosphorsäure und dem an die Phosphorsäure gebundenen polaren Rest, beispielsweise Cholin oder Ethanolamin. Der lipophile "Schwanz" besteht aus zwei Fettsäure-Molekülen, die entweder gesättigt oder ungesättigt sein können. Das rechts abgebildete Molekül enthält eine ungesättigte und eine gesättigtes Fettsäure, die ungesättigte Fettsäure hat den typischen "Knick" im Molekül.

Micellen

In einer Hühnersuppe schwimmen die Fettaugen auf dem heißen Wasser. Das liegt natürlich daran, dass Fett eine geringere Dichte hat als Wasser. Aber auch Ethanol (Alkohol) hat eine geringere Dichte als Wasser, trotzdem bilden sich keine Alkoholaugen, wenn man etwas Alkohol in ein Glas mit Wasser schüttet. Der entscheidende Grund, warum sich Fettaugen in der Suppe bilden, ist also nicht die geringere Dichte des Fettes, sondern die Wasserunlöslichkeit. Während Alkohol unbegrenzt in Wasser löslich ist, ist Fett so gut wie gar nicht wasserlöslich. Man sagt auch, Fett ist hydrophob, also wasserabweisend.

Membranlipide verhalten sich übrigens ähnlich wie Neutralfette, nur dass nicht das ganze Molekül hydrophob ist, sondern nur der größere Teil (der lipophile Schwanz, siehe weiter oben).

Holen wir uns nun ein Super-Elektronenmikroskop, mit dem man nicht nur tiefgefrorene Präparate beobachten kann, sondern auch heiße Hühnersuppe mit Fettaugen. So ungefähr müssen wir uns ein Fettauge im Querschnitt vorstellen:

Wie Sie sicherlich schon bemerkt haben, habe ich in diesem Bild keine Triglyceride (Neutralfette) gezeichnet, sondern typische Membranlipide wie zum Beispiel Phospholipide.

Wenn man eine solche Anordnung stark schüttelt, dann erhält man meistens Micellen, die in dem Wasser schwimmen und dann mit dem Wasser eine Emulsion bilden. Eine solche Micelle habe ich in der nächsten Abbildung gezeichnet.

Die amphipatischen Lipid-Moleküle ordnen sich so an, dass sich die lipophilen Schwänze innen befinden, während die hydrophilen Köpfe nach außen gerichtet sind, wo sie mit den Wasser-Molekülen (die ich nicht mit eingezeichnet habe) interagieren können (zum Beispiel Wasserstoffbrücken bilden können).

Thermodynamisch gesehen ist dies der Zustand mit der niedrigsten Energie, den die Lipid-Moleküle im Wasser einnehmen können, wenn bestimmte Bedingungen herrschen (Temperatur, Druck, pH-Wert, Lipid-Wasser-Relation). Solche Micellen sind relativ stabil, das heißt, es findet keine Entmischung der beiden Phasen statt oder die Entmischung geht sehr langsam.

Neben den Kugelmicellen befinden sich auch länglichere Strukturen in der Flüssigkeit, die man als Stabmicellen bezeichnen könnte. Und damit wären wir auch fast schon beim eigentlichen Thema: Wie ist eine Zellmembran aufgebaut?

Übrigens: Sie müssen sich die Kugel- und Stabmicellen natürlich dreidimensional vorstellen; auf meinen beiden Abbildungen sehen Sie nur einen Querschnitt durch eine Kugelmicelle bzw. eine Stabmicelle. In der Wikipedia findet sich eine schöne dreidimensionale Abbildung (public domain) einer Micelle, die ich Ihnen hier gerne zeige:

Zu den Liposomen - einer ist ja schon auf dem Bild zu sehen - komme ich auf der nächste Seite über Lipid-Doppelschichten.

Die von mir angefertigen Zeichnungen (mit "(C) Ulrich Helmich" gekennzeichnet) dürfen Sie gerne ohne Rückfragen für unterrichtliche Zwecke verwenden.