Hier sehen wir den Riechkolben (blau gezeichnet), der die Mitralzellen enthält, deren Axone sich zum Riechnerv vereinigen, der zum Riechzentrum des Gehirns zieht.
In der Riechschleimhaut gibt es ca. 1000 verschiedene Typen von Riechsinneszellen; jeder Typ verfügt über einen spezifischen Duftstoffrezeptor. Jeder Duftstoffrezeptor muss von einem eigenen Gen codiert werden, so dass man auf eine Zahl von ca. 1000 Genen allein für den Riechsinn kommt. Bei insgesamt nur 50.000 Genen des Menschen ist dies ein ziemlich hoher Anteil.
Die Axone der Riechsinneszellen ziehen durch das Siebbein in den Riechkolben. Dort befinden sich die Mitralzellen. Das sind Neurone, die für einen bestimmten Geruch "zuständig" sind. Alle Riechsinneszellen mit dem gleichen Duftstoffrezeptor sind mit derselben Mitralzelle verbunden. In der Abbildung oben sind die "roten" Duftstoffrezeptoren mit der roten Mitralzelle verbunden, und die gelben Duftstoffrezeptoren mit der gelben Mitralzelle.
Die Axone aller Mitralzellen vereinigen sich zum Riechnerv, der dann zum Riechzentrum des Gehirns weiterzieht.
Über 10.000 verschiedene Düfte nimmt der Mensch wahr, er hat aber nur 500 bis 1.000 verschiedene Duftstoffrezeptoren. Also scheidet die einfachste Möglichkeit der Informationsverarbeitung schon mal aus: Ein Duftstoffrezeptor pro Duft. Wie muss man sich die Dufterkennung dann vorstellen? Betrachten Sie dazu folgendes Schema:
Hier hat man folgendes Experiment gemacht: Die Zellkörper von zehn verschiedenen Mitralzellen wurden mit Mikroelektroden "angezapft" und die Rezeptorpotenziale R1, R2, …, R10 wurden gemessen. In der Tabelle werden die unterschiedlich starken Rezeptorpotenziale durch unterschiedlich große Kreise dargestellt.
Dann wurde die Nase des Versuchstiers - vermutlich eine weiße Ratte - fünf verschiedenen Duftstoffen D1 bis D5 ausgesetzt. Dabei registrierte man die Rezeptorpotenziale der zehn Mitralzellen.
Die Ergebnisse der Tabelle sprechen eine klare Sprache: Keine Mitralzelle (und somit auch keine Riechsinneszelle) ist für einen bestimmten Geruch "zuständig". Vielmehr ist es so, dass eine Riechsinneszelle eine Vielzahl von Dufstoffen wahrnehmen kann. Die Riechsinneszelle, die mit der Mitralzelle 2 verbunden sind, sind z.B. sehr empfindlich für den Dufstoff D1, aber auch für Duftstoff D5, während sie für D3 und D4 kaum empfindlich sind. Umgekehrt kann der Duftstoff D1 die Riechsinneszellen, die mit den Mitralzellen R2, R4 und R5 verbunden sind, ziemlich stark erregen.
Angenommen, D1 ist Moschusgeruch und D2 Waldmeistergeruch. Wenn jetzt das Riechzentrum des Gehirns von den Mitralzellen R2, R4 und R5 stark erregt wird, so "weiß" das Gehirn: "Aha - Moschusgeruch". Wird das Riechzentrum dagegen hauptsächlich von Mitralzellen R2 und R7 und daneben von Mitralzellen R5, R9 und R10 erregt, so erkennt das Gehirn "Waldmeistergeruch".