Energetische Betrachtungen

Wenn man einen Eisennagel in eine Kupfersulfatlösung stellt, bildet sich schnell eine dünne Kupferschicht um den Eisennagel herum. Die Reaktionsgleichung dazu kennen Sie bereits:

$Cu^{2+}_{(aq)} + Fe_{(s)} \to Fe^{2+}_{(aq)} + Cu_{(s)}$

Diese Redoxreaktion läuft bei Zimmertemperatur freiwillig und exotherm ab. Wir wollen diese Reaktion nun unter energetischen Aspekten näher analysieren.

MetallSublimations-
enthalpie
Ionisierungs-
enthalpie
Hydrations-
enthalpie
Redoxpotenzial in V
Li2 * 128

2 * 522

2 * -510

-3,04

Mg

114

2193

-1905

-2,36

Zn

95

2643

-2025

-0,76

Fe

358

2326

-1910

-0,44

Cu

300

2708

-2080

0,35

Ag2 * 247

2 * 738

2 * -478

0,8
Au2 * 305

2 * 893

2 * -606

1,68

Die Tabelle - die Zahlen wurden übrigens dem alten Schroedel-Band "Chemie heute SII" von 1998 entnommen - zeigt die Sublimations-, Ionisierungs- und Hydrationenthalpien einiger Metalle in kJ/mol sowie die Standard-Redoxpotenziale der Metalle in Volt.

1. Oxidation der Eisen-Atome

Damit aus Eisen-Atomen Fe(s) hydratisierte Eisen-Ionen Fe2+(aq) werden, müssen folgende Teilreaktionen ablaufen:

  1. Sublimation der Eisen-Atome. Das feste Eisen Fe(s) muss in gasförmiges Fe(g) überführt werden. Dafür ist ein Energiebetrag von 358 kJ/mol notwendig, die sogenannte Sublimationsenthalpie.
  2. Ionisierung der Eisen-Atome. Die gasförmigen Eisen-Atome besitzen zwei Außenelektronen. Diese müssen nun entfernt werden. Diese Reaktion ist ebenfalls endotherm und kostet 2326 kJ/mol an Ionisierungsenthalpie.
  3. Hydratisierung der Eisen-Ionen. Kommen die so entstandenen Fe2+(g)-Ionen mit Wasser in Berührung, bildet sich eine Hydrathülle um die Eisen-Ionen. Dabei entstehen Bindungen zwischen den Eisen-Ionen und den Wasser-Molekülen. Immer dann, wenn neue Bindungen entstehen, wird ein gewisser Energiebetrag freigesetzt. Im Falle der Bindung von Wasser-Molekülen spricht man auch von der Hydrationsenthalpie. Beim Eisen hat diese den Wert -1910 kJ/mol.

Rechnen wir nun alles zusammen. Die Sublimation und die Ionisierung des Eisens verschlingen zusammen 2684 kJ/mol, bei der Hydratisierung werden allerdings 1910 kJ/mol freigesetzt. Insgesamt „kostet“ die Teilreaktion

$Fe_{(s)}\to Fe^{2+}_{(aq)}+ 2 e^{-} $

einen Betrag von 774 kJ/mol; es handelt sich also um eine endotherme Reaktion.

2. Reduktion der Kupfer-Ionen

Rechnen wir das Ganze jetzt für die Reduktion

$Cu^{2+}_{(aq)} + 2 e^{-} \to Cu_{(s)}$

durch. Allerdings müssen wir hier genau umgekehrt vorgehen, da ja bei der Reaktion des Eisens mit Kupfersulfat die Kupfer-Atome nicht oxidiert, sondern die Kupfer-Ionen reduziert werden.

Zunächst müssen wir die hydratisierten Kupfer-Ionen „enthydratisieren“. Das kostet einen Energiebetrag von 2080 kJ/mol. Die so erhaltenen „nackten“ Kupfer-Ionen müssen nun ihre Außenelektronen zurück erhalten. Hierbei wird ein Energiebetrag freigesetzt (die Entfernung der Elektronen kostete Energie, das Zurückbringen der Elektronen liefert also entsprechend Energie), nämlich -2708 kJ/mol. Schließlich müssen die gasförmigen Kupfer-Atome in feste Kupfer-Atome zurückverwandelt werden (Resublimation). Auch hierbei wird Energie freigesetzt, nämlich 300 kJ/mol.

Rechnen wir wieder alles zusammen, dann kommen wir auf -928 kJ/mol. Die Reduktion ist also stark exotherm.

3. Gesamtreaktion

Nun müssen wir die Gesamtreaktion der Umsetzung von Eisen mit Kupfersulfat-Lösung betrachten. Die Oxidation des Eisens kostete 774 kJ/mol, die Bildung der Kupfer-Atome aus den Kupfer-Ionen lieferte 928 kJ/mol. Insgesamt wird also mehr Energie bei der Reduktion freigesetzt, als bei der Oxidation aufgewandt wurde. Die Gesamtreaktion liefert genau -154 kJ/mol an Reaktionsenthalpie, ist also exotherm.

4. Expertenaufgabe

Wenn man sich so die verschiedenen Metalle anschaut, fragt man sich natürlich, wieso eigentlich ist Silber edler als Eisen, und Eisen edler als Zink? Kann man aus den in der Tabelle genannten Enthalpien vorhersagen, wie „edel“ ein Metall ist bzw. welches Standard-Redoxpotenzial es ungefähr hat?

Versuchen Sie, einen solchen Zusammenhang aufzuzeigen oder zu widerlegen, indem Sie die in der Tabelle genannten Enthalpiewerten mit den Redoxpotenzialen der Metalle in Bezug setzen.

Es kann auch sein, dass man bei zwei oder drei Metallen einen solchen Zusammenhang eindeutig erkennen kann, bei anderen Metallen aber nicht. Auch in diesem Fall sollten Sie aufzeigen, wo das der Fall ist bzw. wo nicht.