Lernziele
Wenn Sie diese Seite durchgearbeitet haben, sollten Sie wissen
- wie der Wasserstoff aus der Photolyse des Wassers zum NADP+ gelangt,
- wie die Elektronen aus der Photolyse des Wassers zum NADP+ gelangen,
- wie ein Photosystem im Prinzip arbeitet (Absorption von Licht, Veränderung des Redoxpotenzials)
- wieso ein Photosystem nicht ausreicht, um die Elektronen vom Wasser zum NADP+ zu transportieren.
Woher kommt der Wasserstoff?
Wie bereits auf der vorhergehenden Seite festgestellt wurde, stammt der für die Reduktion des Kohlendioxids benötigte Wasserstoff letzten Endes aus dem Wasser, das die Pflanzen durch die Wurzeln aufnehmen. Dazu muss das Wasser-Molekül gespalten werden. Dies ist ein sehr endothermer Vorgang, der recht viel Energie erfordert. Bei der Lichtreaktion der Fotosynthese wird diese Energie durch das absorbierte (Sonnen)licht zur Verfügung gestellt. Daher bezeichnet man den ersten Schritt der Lichtreaktion auch als Photolyse des Wassers.
Wenn Sie sich für die Einzelheiten dieser Photolyse interessieren, gehen Sie doch bitte auf die entsprechende Seite in meinem Biologie-Lexikon. Hier werden die Prozesse detailliert dargestellt, auch auf die Aktivierung des Reaktionszentrums P680 durch Lichtenergie wird eingegangen.
Wie gelangt der Wasserstoff zum NADP?
Bei der Photolyse eines Wasser-Moleküls enstehen zwei Protonen und zwei Elektronen. Ein "halbes" Sauerstoff-Molekül bleibt als "Abfallprodukt" dabei übrig.
Die oxidierte Form des Coenzyms NADP+ kann ein Proton und zwei Elektronen aufnehmen und wird dann zu NADPH. Das zweite Proton wird "mitgeschleppt", daher schreibt man die reduzierte Form des Coenzyms meistens als NADPH/H+ oder als NADPH + H+ auf.
Einzelheiten zum NADPH-System finden Sie auf der entsprechenden Lexikonseite auf meiner Homepage.
Die Frage "Wie gelangt der Wasserstoff zum NADP+" muss man eigentlich in zwei Teilfragen aufteilen:
- Wie gelangen die Protonen zum NADP+?
- Wie gelangen die Elektronen zum NADP+?
Das sind nämlich zwei völlig unterschiedliche Dinge, die man auf gar keinen Fall verwechseln darf.
Kümmern wir uns zunächst um die Frage des Elektronentransports. Dabei ist es hilfreich, nochmal an die Atmungskette zu denken.
Rückblick: Atmungskette
Wenn Sie noch vertraut mit der Atmungskette sind, können Sie diesen Abschnitt überspringen!
Die Atmungskette ist der letzte Schritt der aeroben Dissimilation von Glucose.
In der Glycolyse wird die aufgenommene Glucose chemisch gespalten, es entstehen kleinere Moleküle, die in den Citratzyklus einfließen, den zweiten Schritt der Dissimilation.
Im Citratzyklus werden diese kleineren Moleküle dann zu Kohlendioxid und Wasserstoff abgebaut. Der dabei gewonnene Wasserstoff wird an Coenzyme wie NAD oder FAD gebunden. Dabei entstehen die reduzierten Formen NADH/H+ bzw. FADH2.
In der Atmungskette, dem dritten Schritt der aeroben Dissimilation, werden die Elektronen vom reduzierten NADH/H+ bzw. FADH2 zum Endakzeptor Sauerstoff O2übertragen. Bei diesem Schritt wird sehr viel Energie freigesetzt, die dann zur Synthese von ATP genutzt wird. Das alles können Sie in Einzelheiten auf meinen Seiten zur Atmungskette nachlesen.
In dieser Abbildung sehen wir den Weg, den die Elektronen zurücklegen müssen, die bei der Oxidation des NADH/H+ bzw. FADH2wieder freigesetzt werden.
Würden die Elektronen direkt vom NADH/H+ bzw. FADH2 auf den Sauerstoff übertragen, würde so viel Wärme auf einmal freigesetzt werden, dass die Zelle dabei stark geschädigt würde. Denken Sie nur an die Knallgasreaktion aus dem Chemieunterricht, wo Wasserstoff und Sauerstoff direkt miteinander reagieren. Also hat die Natur das so geregelt, dass viele kleine Zwischenstopps eingelegt werden können, bei denen nur jeweils ein geringerer Energiebetrag freigesetzt wird.
Die NADP-Reduktion während der Lichtreaktion
Bei der Lichtreaktion wird der Wasserstofftransporter nicht "entladen" wie bei der Atmungskette, sondern er wird "aufgeladen". Aus NADP+soll die reduzierte Form NADH/H+werden. Der Wasserstoff wird kovalent gebunden, aber dazu sind Elektronen erforderlich; schließlich handelt es sich ja um eine Reduktion (eine Reduktion ist immer eine Elektronen-Aufnahme). Da NADP+aber ein sehr viel negativeres Redoxpotenzial hat als Wasser, müssten die Elektronen vom Wasser (positives Redoxpotenzial) zum NADP+ "bergauf" fließen:
Hier sehen Sie eine Folie der Präsentation "Die Lichtreaktion, Teil A" von mir, in der ich das Problem thematisiere. Das Redoxpotenzial von Wasser ist deutlich positiver als das des Elektronenakzeptors NADP+. Elektronen können also unmöglich direkt vom Wasser zum NADP+ fließen - zumindest nicht freiwillig.
Vordergründige ProblemlösungDas Chlorophyll Chl hat ein noch positiveres Redoxpotenzial als das Wasser. Wasser-Moleküle können daher leicht Elektronen an Chlorophyll-Moleküle abgeben, die Elektronen fließen dabei "bergab".
Absorbiert das Chlorophyll-Molekül nun Licht, so werden bestimmte Elektronen des Moleküls auf ein höheres Energieniveau angehoben. Diese Elektronen sitzen dann recht "locker", können also leichter abgespalten werden.
Unter dem Begriff "Redoxpotenzial" versteht man ja nichts anderes als die Fähigkeit eines Stoffes, Elektronen abzugeben. Wenn beim angeregten Chlorophyll Chl* die "Elektronen locker sitzen", heißt das nichts anderes, dass jetzt das Redoxpotenzial viel negativer geworden ist. Das durch Lichtabsorption angeregte Chlorophyll Chl* kann viel leichter Elektronen abgeben als das nicht-angeregte Chlorophyll. Dafür kann das nicht-angeregte Chlorophyll aufgrund seines positiven Redoxpotenzials Elektronen vom Wasser aufnehmen - eine tolle Erfindung der Natur!
Wenn Sie sich für die Einzelheiten dieser Prozesse interessieren, gehen Sie bitte auf die beiden Artikel in meinem Biologie-Lexikon: "Photolyse des Wassers" und "P680-Aktivierung". P680 ist nämlich die Bezeichnung für das Chlorophyll-Molekül, das die Elektronen vom Wasser übernimmt.
Bis zu dieser Stelle ist alles fachlich korrekt, wenn auch stark vereinfacht! Jetzt kommt eine Art "Wunschvorstellung".
WunschvorstellungSchön wäre es, wenn das aktivierte Chl* jetzt ein negativeres Redoxpotenzial als der Elektronenakzeptor NADP+hätte. Dann könnten nämlich die vom Wasser "gespendeten" Elektronen direkt zum NADP+fließen.
Ein neues ProblemMit unserer Wunschvorstellung wird es wohl nichts. Dummerweise ist das Redoxpotenzial des aktivierten Chlorophylls Chl* etwas positiver als das Redoxpotenzial von NADP+.
Wenn Sie einen schweren Gegenstand aufheben wollen, müssen Sie sich entweder zusätzliche Kraft verschaffen (Traubenzucker, Energydrink etc.), oder Sie bitten eine zweite Person, ihnen zu helfen. Die grünen Pflanzen lösen das eben angesprochene Problem auf die zweite Weise. Das Chlorophyll-Molekül P680 arbeitet mit einem zweiten Chlorophyll-Molekül P700 zusammen.
Wichtige ErgänzungBevor wir jetzt weitermachen, noch eine kleine Ergänzung. Die in den Abbildungen gezeigten Chlorophyll-Moleküle Chl und Chl* sind nur "die Spitze vom Eisberg". Hinter jedem Chlorophyll-Molekül verbergen sich hundert und mehr weitere Chlorophyll-Moleküle, die diesem speziellen Molekül Lichtenergie zuführen. Man spricht hier dann von Photosystemen. Jedes Photosystem besteht aus hunderten von sogenannten Antennenmolekülen (Chlorophylle und andere Photopigmente) und einem Reaktionszentrum. Das Reaktionszentrum ist dann das Chlorophyll-Molekül, dessen Redoxpotenzial durch die Lichtenergie verändert wird und das dann Elektronen abgeben kann.
Problemlösung, Teil 2In der Thylakoidmembran gibt es zwei Photosysteme, das Photosystem II und das Photosystem I (welches eher entdeckt wurde). Das Photosystem II mit seinem Reaktionszentrum P680 ist für die Photolyse des Wassers verantwortlich. Allerdings reicht das Redoxpotenzial des aktivierten P680 nicht aus, um die Elektronen zum Endakzeptor NADP+ zu befördern. Jetzt kommt das Photosystem I ins Spiel. Hier erhalten die Elektronen am Reaktionszentrum P700 sozusagen noch einmal "Schwung", so dass die zum Endakzeptor übertragen werden können:
Die zweite Anregung durch Lichtenergie verleiht den Elektronen genügend "Schwung", so dass sie auf den Endakzeptor NADP+übertragen werden könnnen.
Denken Sie dazu an zwei Maurer, die einen Sack Zement auf eine Mauerkrone befördern sollen. Der untere Maurer ist nicht kräftig genug, um den Sack ganz nach oben zu werfen. Aber auf halber Höhe steht ein Kollege, der den Sack in Empfang nimmt und ihn dann ganz nach oben wirft.
Das, was Sie auf der letzten Abbildung erkennen können, ist eine schematische Darstellung des sogenannten "Zickzack-Schemas" der Lichtreaktion, genauer gesagt des Elektronentransportes während der Lichtreaktion. In Wirklichkeit sind wesentich mehr Enzyme und Pigmente an dem Elektronentransport beteiligt, als hier eingezeichnet.
Wie gelangen die Protonen zum NADP?
Die beiden aus dem Wasser stammenden Elektronen sind jetzt beim NADP+ angekommen, und es liegt jetzt NADP- vor. Es fehlen aber noch zwei Protonen 2 H+, damit die endgültige Form NADPH/H+ entstehen kann.
Dieser Protonentransport ähnelt auf auffallende Weise dem Protonentransport bei der Atmungkette und soll auf der nächsten Seite behandelt werden.