Vorbemerkung
In dieser unvollständigen Liste finden sich nicht nur Gifte und Drogen, die auf die motorische Endplatte wirken, sondern auch Substanzen, die auf Gehirnsynapsen Einfluss nehmen. Die folgenden Gifte und Drogen sind alphabetisch aufgeführt. Der jeweilige Wirkmechanismus verweis auf die Seite 141, auf der die theoretischen möglichen Wirkmechanismen ausführlich erläutert sind.
Atropin
Wirkmechanismus 2.3 - Kompetitive Hemmung der Rezeptoren
Das Gift der Tollkirsche Atropa belladonna. Der Name "belladonna" heißt übersetzt "Schöne Frau". Das Tollkirschengift bewirkt in geringer Dosierung nämlich eine Weitung der Pupillen, was ja den berühmten Schlafzimmerblick zur Folge hat.
Atropin hat eine ähnliche Struktur wie Acetylcholin und wirkt daher als kompetitiver Hemmstoff. Die Moleküle setzen sich in die Rezeptoren der Natrium-Kanäle der postsynaptischen Membran. Sie verhindern so deren Öffnung durch Acetylcholin. Atropin wirkt vor allem auf Acetylcholin-Rezeptoren in Synapsen des Herzens, der Eingeweide und der Irismuskel des Auges. Weitere Einzelheiten…
Botulinumgift
Wirkmechanismus 1.3 - Behinderung der Vesikelbildung, des Vesikeltransports oder der Vesikelfusion
Botulinumgift (BTX) ist das Toxin bestimmter Bakterien, wie sie zum Beispiel bei in verdorbenem Fleisch auftreten. Das Botulinumtoxin ist das stärkste überhaupt bekannt Gift. Der so genannte LD50-Wert (das ist die Dosis, bei der 50% der Versuchstiere oder -zellen absterben; LD steht für "letale Dosis", also "tödliche Menge") des Botulinumtoxins beträgt intravenös nur 30 Picogramm pro Kilogramm Körpergewicht. 1 pg ist 1/1000 ng, und das ist wieder 1/1000 µg, was wiederum 1/1000 mg ist, was bekanntlich 1/1000 g darstellt. 1 pg sind also 10-12 Gramm.
Das Botulinumtoxin dockt an der präsynaptischen Membran an und wird durch Endocytose in das synaptische Endknöpfchen aufgenommen. Dort spaltet sich das Protein in eine A-Kette und eine B-Kette. Die A-Kette ist harmlos, die B-Kette aber hemmt jetzt Proteine, die für die Fusion der synaptischen Vesikel mit der präsynaptischen Membran wichtig sind.
Bungarotoxin
Wirkmechanismus 2.3 - Kompetitive Hemmung der Rezeptoren
Ein Schlangengift, bindet ähnliche wie Atropin an den Acetylcholinrezeptor. Weitere Einzelheiten…
Curare
Wirkmechanismus 2.3 - Kompetitive Hemmung der Rezeptoren
Curare wird von den Indianern Südamerikas aus bestimmten Pflanzen gewonnen, vor allem Lianen. Die Indianer bestreichen die Spitzen ihrer Pfeile mit diesem Gift und erlegen damit kleine und große Tiere. Die merken davon allerdings nicht viel, weil sie recht schnell sterben.
Curare blockiert die Natrium-Kanäle der postsynaptischen Membran der motorischen Endplatte kompetitiv. Es muss also eine ähnliche Struktur haben wie der natürliche Neurotransmitter Acetylcholin, da es sich nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip an die Rezeptor-Stellen der Natrium-Kanäle binden kann. Allerdings sind die Natrium-Kanäle dann blockiert, sie können sich also nicht mehr öffnen. Und im Gegensatz zu Acetylcholin diffundieren die Curare-Moleküle auch nicht mehr aus den Rezeptor-Stellen heraus, so dass die Blockade irreversibel (endgültig) ist. Weitere Einzelheiten…
E605
Siehe Phosphate, organische.
Ethanol
Dieses bekannte Gift erhöht die Empfindlichkeit des GABA-Rezeptors (GABA ist der Neurotransmitter gamma-Aminobuttersäure). Dadurch kann die postsynaptische Membran leichter erregt werden. An der motorischen Endplatte spielt Ethanol als Synapsengift - so weit ich weiß - keine Rolle.
Fasciculin
Wirkmechanismus 3.3 - Hemmung des Enzyms, das die Neurotransmitter wieder abbaut.
Das Gift der grünen Mamba hemmt die Acetylcholinesterase allosterisch. Dadurch können die Transmitter im synaptischen Spalt nicht mehr abgebaut werden, und es kommt zu einer Dauererregung, die sich aber bei Muskeln immer als Lähmung äußert.
Kokain
Wirkmechanismus 3.4 - Hemmung der Wiederaufnahme des Neurotransmitters
Ein Rauschgift. Es blockiert die Wiederaufnahme der Neurotransmitter Dopamin und Noradrenalin in die präsynaptische Zelle. Daher können diese Transmitter verstärkt wirken.
a-Latrotoxin
Wirkmechanismus 3.1 - Übermäßige Freisetzung von Neurotransmittern
Gift der "schwarzen Witwe", einer Spinne. Das Gift bewirkt eine sofortige Entleerung aller synaptischen Vesikel der motorischen Endplatten. Der Tod tritt meistens durch Herzversagen ein.
LSD
Wirkmechanismus 3.5 - Das Gift hat eine ähnliche Struktur wie der reguläre Neurotransmitter
Lysergsäurediethylamid, hat eine ähnliche Struktur wie der Transmitter Serotonin, kann aber vermutlich besser wirken.
Muscarin
Wirkmechanismus 3.3 - Hemmung des Enzyms, das die Neurotransmitter wieder abbaut.
Wieder ein Pflanzengift, diesmal das Gift des Fliegenpilzes. Das Toxin imitiert die Struktur von Acetylcholin, setzt sich also in den Acetylcholinrezeptor, kann aber nicht von der Acetylcholinesterase abgebaut werden. Daher Dauererregung; die Folge sind Magen-Darm-Krämpfe, Atemlähmung und so weiter.
Nicotin
Wirkmechanismus 3.3 - Hemmung des Enzyms, das die Neurotransmitter wieder abbaut.
Das Gift der Tabakpflanze; ähnliche Wirkung wie bei Muscarin.
Phosphate, organische
Wirkmechanismus 3.3 - Hemmung des Enzyms, das die Neurotransmitter wieder abbaut.
Sie binden sich irreversibel an die Acetylcholinesterase und führen so zu einer Dauererregung.