Aktionspotenzial entstehen am Axonhügel
Die Entstehung eines Aktionspotenzials hatten wir bereits besprochen. Was noch nicht erwähnt wurde, ist die Tatsache, dass ein Aktionspotenzial stets am Axonhügel der Nervenzelle gebildet wird.
Am Axonhügel befinden sich besonders viele spannungsgesteuerte Natrium-Kanäle. Ist die Membran der Nervenzelle am Axonhügel über einen bestimmten Schwellenwert hinaus depolarisiert, öffnen sich die spannungsgesteuerten Natrium-Kanäle und es bildet sich ein Aktionspotenzial. Bei den meisten Säugetierzellen liegt dieser Schwellenwert bei -30 mV.
Wir hatten ja in den ersten Kapiteln der Neurobiologie gesehen, dass die Dendriten eines Neurons die Aufgabe haben, Informationen von außerhalb der Nervenzelle zu empfangen und in elektrische Informationen umzuwandeln. Diese elektrischen Informationen werden in Form von Membranpotenzial-Änderungen, also in Form von Depolarisierungen oder Hyperpolarisierungen, zum Soma der Nervenzelle weitergeleitet. Dabei schwächen sich die De- und Hyperpolarisierungen allerdings mit der Zeit und mit zunehmender Ausbreitung ab - ähnlich wie die Wellen, die entstehen, wenn man einen Stein ins Wasser wirft.
Wenn eine solche Depolarisierung allerdings den Axonhügel erreicht und dort immernoch einen Wert von ca. -30 mV hat, entsteht dort ein Aktionspotenzial.
Aktionspotenzials entstehen am Axonhügel einer Nervenzelle, wenn dort das Membranpotenzial einen bestimmten Schwellenwert überschreitet, der bei ca. -30 mV liegt.
Aktionspotenziale werden nach dem Alles-oder-Nichts-Gesetz gebildet
Was passiert eigentlich, wenn die Depolarisierungswelle, die am Axonhügel ankommt, unter dem Schwellenwert (ca. -30 mV) liegt. Man könnte nun denken, dass dort ein "kleines" Aktionspotenzial entsteht, dessen Peak nicht bei +30 mV liegt, sondern vielleicht nur bei +10 mV.
Das ist aber nicht der Fall. Wenn die die Depolarisierung unter dem Schwellenwert von ca. -30 mV liegt, passiert am Axonhügel gar nichts. Keine Spur von einem Aktionspotenzial!
Wenn die Depolarisierung den Schwellenwert erreicht, entsteht ein vollständiges Aktionspotenzial mit einem Peak von +30 mV. Halbe Aktionspotenziale gibt es an der Nervenzelle nicht. Einen solchen Sachverhalt bezeichnet man auch als Alles-oder-Nichts-Gesetz.
Aktionspotenziale entstehen nach dem Alles-oder-Nichts-Gesetz: Entweder bilden sie sich gar nicht, oder sie entstehen in vollem Ausmaß.
Hier ein Beispiel aus dem täglichen Leben: Eine Frau kann entweder schwanger sein oder nicht. Weitere Beispiele fallen mir im Augenblick nicht ein - so oft scheint das Alles-oder-Nichts-Gesetz im Alltag gar nicht vorzukommen. Zunächst hatte ich an eine elektrische Lampe gedacht, die entweder an ist oder nicht, aber dann fiel mir ein, dass es ja Dimmer gibt. Auch ein Fernsehgerät hat mehr als zwei Zustände, nämlich Aus, Standby oder An.
Aktionspotenziale werden verlustfrei weitergeleitet
Man hat festgestellt, dass die Stärke bzw. die Amplitude des Aktionspotenzials sich auf dem Weg vom Axonhügel zum synaptischen Endknöpfchen konstant bleibt. Auch an der Synapse kann man ein Membranpotenzial von +30 mV messen, wenn dort ein Aktionspotenzial ankommt. Das Aktionspotenzial wird also ohne Verluste weitergeleitet - wenn es denn mal am Axonhügel entstanden ist.
Aktionspotenziale werden verlustfrei am Axon weitergeleitet; die Amplitude des Aktionspotenzial nimmt auf dem Weg vom Axonhügel zur synaptischen Endigung nicht ab.
Auf der nächsten Seite beschäftigen wir uns mit der Frage, nach welchem Mechanismus eigentlich ein Aktionspotenzial weitergeleitet wird.