Wenn man im Internet nach "Ernährung und Gesundheit" sucht, findet man viele gute und viele schlechte Webseiten mit sehr vielen Informationen und Tipps, die sich leider manchmal widersprechen. Das ist ein Grundproblem der Ernährungswissenschaften. Kaum ist eine Studie veröffentlich worden, die belegt, wie gesund das tägliche Glas Milch ist, kommt kurz darauf eine Studie heraus, die genau das Gegenteil belegt.
Auf dieser Seite sollen die "üblichen" Aussagen zum Thema "Ernährung und Gesundheit" aufgelistet und kurz kritisch beleuchtet werden. Dabei orientieren wir uns nicht so sehr an Internetseiten, sondern mehr an etablierten Fachbüchern der Ernährungslehre.
Das Buch von Schlieper
Eines der renomiertesten Werke im Schulbereich ist sicherlich das Lehrbuch von Cornelia Schlieper, "Grundfragen der Ernährung", zuletzt erschienen in der 21. Auflage 2014. Frau Schlieper beginnt ihr Buch mit dem Abschnitt "Ernährung und Gesundheit" und listet hier vier Ernährungsfehler auf:
- Wir essen zu viel und zu energiereich
- Wir essen das Falsche. Wir essen zu einseitig
- Wir nehmen zu wenig Ballaststoffe auf
- Wir essen zu fett - vor allem zu viel tierisches Fett
Die erste Aussage ist sicherlich unbestritten, wenn man sich die entsprechenden Statistiken anschaut. Im Spiegel vom 2. Juli 2018 konnte man unter der Überschrift "58% der Eltern sind übergewichtig" folgendes lesen:
In Deutschland sind weit mehr als die Hälfte der Eltern übergewichtig oder gar fettleibig. Insgesamt bringen 58 Prozent zu viel Gewicht auf die Waage, wie eine Umfrage der AOK zeigt. Bei den Vätern sind sogar 72 Prozent zu dick. Das Ergebnis deckt sich mit anderen Studien. Männer sind in Deutschland über alle Altersgruppen gerechnet stärker von Übergewicht betroffen als Frauen.
Die zweite Aussage ist recht ungenau. Frau Schlieper führt dann im Text aber weitere Einzelheiten auf. Danach essen wir vor allem zu viel Zucker, nämlich 98 g täglich. Dann hätte sie den Ernährungsfehler aber besser "Wir essen zu viel Zucker" nennen sollen, denn auf andere "falsche" oder "einseitige" Lebensmittel geht sie hier nicht weiter ein.
Die dritte Aussage (zu wenig Ballaststoffe) ist in der Fachliteratur auch unbestritten, es gibt keine Artikel, die behaupten, dass wir zu viel Ballaststoffe zu uns nehmen. Einzig der Bericht von Ralf Bohlmann "Mythos Ballaststoffe" sieht das Thema etwas kritischer als die üblichen Artikel.
Die letzte Aussage (zu viel Fett) scheint auf den ersten Blick ebenfalls unbestritten. Sucht man im Internet nach entsprechenden Artikeln, unterstützen ca. 75% diese Meinung, während ca. 25 eher in die Richtung tendieren, dass Fett unverzichtbar für eine gesunde Ernährung ist und man vielleicht sogar zu wenig Fett zu sich nimmt. Machen Sie sich doch selbst einmal ein Bild und suchen mit "Essen wir zu viel Fett" nach Artikeln.
Das Buch von de Groot
Ein eben so gutes für die Schule geeignetes Ernährungslehre-Buch ist das von Hilka de Groot, "Ernährungswissenschaft", erschienen 2011 in der 5. Auflage. Frau de Groot listet folgende Ernährungsfehler auf:
- Zu viel!
- Zu fett!
- Zu eiweißreich!
- Zu wenig Kohlenhydrate!
- Zu wenig Ballaststoffe!
In den Punkten 1, 2 und 5 stimmt das mit den Aussagen von C. Schlieper überein. Aber die Aussagen 3 und 4 sind umstritten. Viele Ernährungswissenschaftler empfehlen weniger Fett, eine genau so große Anzahl von Wissenschaftlern meint, dass wir zu viele Kohlenhydrate essen. Folgt man dem Rat beider Gruppen, muss man zwangsläufig viele Eiweiße zu sich nehmen. Die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) empfiehlt folgende Nährstoff-Verteilung:
- 30% Fett
- 10 - 15% Eiweiß
- 50 - 55% Kohlenhydrate
Die Prozentzahlen beziehen sich nicht auf das Gewicht in Gramm, sondern auf den Energiegehalt der Nahrung. Von den 7.000 bis 12.000 kJ, die man pro Tag zu sich nehmen sollte (abhängig von Größe, Gewicht, Geschlecht, Alter und Bewegung), sollten 30% durch verschiedene Fette geliefert werden und so weiter.
Das Buch von Dörr
Ein weiteres Schulbuch ist "Ernährung und Stoffwechsel" von Martin Dörr, erschienen in der 1. Auflage 2009. Martin Dörr geht in den ersten Seiten seines Buches nicht so deutlich auf typische Ernährungsfehler ein, zumindest liefert er keine schöne Auflistung wie Schlieper oder deGroot. Dafür findet man aber eine sehr schöne Darstellung zu den Themen "Ernährung im Wandel der Zeit", "Ernährung in der Industriegesellschaft" und vor allem - passend zu dem Thema dieser Webseite - "Ernährungssituation von Jugendlichen und Erwachsenen in Deutschland".
Ernährung Jugendlicher
In der Tabelle auf Seite 16 seines Buches vergleicht Dörr die Ernährung Jugendlicher mit den Empfehlungen der DACH-Referenzwerte (Richtwerte, die von Experten aus Deutschland, Östereich und der Schweiz erarbeitet worden sind). Danach nehmen 13- bis 19 jährige Menschen zu viel Eiweiß auf, nämlich 132 (Mädchen) bzw. 142% des Referenzwertes. Fette werden allgemein nicht zu viel aufgenommen, wohl aber speziell die gesättigten Fettsäuren, die ja in vielen Fetten enthalten sind. Gesättigte Fettsäuren werden zu 133% bzw. 130% aufgenommen, während die als gesund geltenden mehrfach ungesättigten Fettsäuren mit ca. 80% zu wenig aufgenommen werden. Daher sind die Aussagen von Schlieper (wir essen zu fett) und von de Groot (zu fett!) recht undifferenziert.
Bei Kohlenhydraten liegt nach Dörr die Aufnahme bei nur 90% (Mädchen) bzw. 87% (Jungen). Damit wird die Aussage von de Groot (zu wenig Kohlenhydrate) unterstützt. Ballaststoffe werden zu 99% bzw. 90% aufgenommen, das ist also nicht weiter kritisch. Was allerdings in der Tabelle stark auffällt, ist die Natrium-Aufnahme. Jugendliche nehmen mehr als das Vierfache der empfohlenen Menge auf: 440%. Andere Mineralstoffe und Vitamine werden dagegen zu wenig aufgenommen, Vitamin D zum Beispiel nur zu 43% bzw. 53%.
Ernährung Erwachsener
Bei den Erwachsenen sieht die Sache völlig anders aus. Hier tauchen fast nur rote Zahlen in der Tabelle auf; es werden also alle Referenzwerte entweder deutlich überschritten (Energie, Protein, Fett, Natrium) oder deutlich unterschritten (Ballaststoffe, Calcium, Jod, Vitamin D und Folsäure). Dörr fasst zusammen:
"Für Erwachsene gilt, dass sie zu viel an Energie, Proteinen, Fetten... und Natrium aufnehmen und gleichzeitig trotz überhöhter Energieaufnahme ein Defizit an Ballaststoffen, Calcium, Jod, Vitamin D und Folsäure haben".
Aufgabe für Schüler(innen)
Nachdem Sie diese Seite durchgearbeitet haben, recherchieren Sie einmal selbst im Internet nach den häufigsten Ernährungsfehlern. Erstellen Sie dann ein Poster, eine Präsentation oder Ähnliches, mit dem/der sie die fünf bis zehn häufigsten Ernährungsfehler vorstellen.
Bei einer Präsentation achten Sie bitte darauf, nach dem Prinzip "ZEN oder die Kunst der Präsentation" zu verfahren. Also möglichst nur aussagekräftige Bilder, einfache Diagramme, so gut wie keinen Text, keine Aufzählungen und so weiter. Das eben genannte Buch kann jedem empfohlen werden, der während seiner Schullaufbahn oder später im Studium Präsentationen halten will, die beim Publikum (und beim Lehrer) gut ankommen. Die wichtigsten Punkte, die Sie bei Präsentationen beachten sollten, sind übrigens auf der oben genannten Webseite aufgelistet.