Hauptsätze der Thermodynamik

Mit dem Begriff der Entropie beschäftigt sich auch der wichtige zweite Hauptsatz der Thermodynamik, den man aber nur richtig verstehen kann, wenn man auch den ersten Hauptsatz kennt. Daher sollen hier die beiden Hauptsätze kurz vorgestellt werden.

1. Hauptsatz

Die Energie des Universums ist konstant. Energie kann weder erzeugt noch vernichtet werden.

In der Didaktik der Naturwissenschaften legt man stets Wert darauf zu sagen, dass es keine Energieerzeuger gibt. Wenn Ihnen also irgendjemand einen Energieerzeuger verkaufen will, so hat dieser Mensch sicherlich den Nobelpreis für Physik verdient. Ein "Energieerzeuger", der zum Beispiel aus Sonnenlicht elektrischen Strom "erzeugt", ist kein Energieerzeuger, sondern ein Energieumwandler. Das Sonnenlicht - genauer gesagt die elektromagnetische Energie des Sonnenlichts - wird in elektrische Energie - in Strom - umgewandelt.

Es gibt keine Energieerzeuger! Alle angeblichen Energieerzeuger sind Energiewandler. Ein Energieerzeuger würde den ersten Hauptsatz der Thermodynamik verletzen.

Kommen wir nun zum zweiten Hauptsatz der Thermodynamik:

2. Hauptsatz

Jeder Energietransport und jede Energieumwandlung erhöhen die Entropie des Universums.

Die Konsequenz aus diesem zweiten Hauptsatz ist leider etwas unangenehm für uns alle. Irgendwann, in mehreren Milliarden Jahren, ist die Entropie des Universums maximal, alle Galaxien und alle Planeten sind vernichtet, es existiert nur noch eine riesige Energiewolke, in der maximale Unordnung besteht. Aber, wie gesagt, das dauert noch ein paar Milliarden Jahre, wir sollten uns deswegen also nicht aufregen.

Die GIBBS-HELMHOLTZ-Gleichung

Kommen wir nun zu einem sehr wichtigen Zusammenhang, nämlich den Einfluss der Entropie auf chemische und biochemische Reaktionen.

Als erstes führen wir mal einen sehr einfachen Versuch durch:

Kleiner Versuch mit Ammoniumnitrat

Durchführung:

Wir nehmen ein Becherglas, füllen kaltes Leitungswasser hinein, messen die Temperatur, die dann meistens zwischen 20 und 22 Grad Celsius liegt, und geben dann einen gehäuften Teelöffel Ammoniumnitrat in dem Wasser, ohne dabei umzurühren. Durch das Rühren würden wir dem System ja Energie zuführen, und das wollen wir unbedingt vermeiden.

Beobachtungen:

Nach einer Minute messen wir die Temperatur der Lösung, und siehe da: die Temperatur ist gesunken, auf 12 Grad Celsius oder sogar noch weniger.

Dieses Versuchsergebnis erstaunt auf den ersten Blick. Es handelt sich um einen endothermen Vorgang, der völlig spontan und freiwillig abläuft.

Die meisten Schüler erwarten durchaus, dass ein exothermer Vorgang freiwillig abläuft. Wenn ich Salzsäure und Natronlauge zusammengieße, wird bei der Neutralisation jede Menge Wärme freigesetzt, und der Vorgang läuft sehr spontan und sehr schnell ab. Beim Erhitzen von Magnesiumband muss ich zwar zunächst etwas Aktivierungsenergie zuführen, aber dann entzündet sich das Magnesium, und es wird sehr schnell sehr viel Wärme- und Lichtenergie abgegeben. Aber ein endothermer Vorgang, der spontan und freiwillig abläuft, das ist schon sehr seltsam.

Wieso ist das Auflösen von Ammoniumnitrat in Wasser ein endothermer Vorgang?

Das werde ich von Schülern immer wieder gefragt. Ich erkläre das dann so: Bei einem exothermen Vorgang wird viel Energie abgegeben. Bei der Neutralisation von HCl mit NaOH entsteht Wärme, das Becherglas wird spürbar warm. Beim Verbrennen von Magnesium wird es sogar richtig heiß.

Wenn das Reaktionsgefäß dagegen abkühlt, muss das Gegenteil eines exothermen Vorgangs passiert sein, und das kann nur ein endothermer Prozess sein.

An dieser Stelle führe ich immer die GIBBS-HELMHOLTZ-Gleichung im Unterricht ein:

Das Wichtigste ist bereits in der Abbildung erklärt. Entscheidend für den spontanen bzw. freiwilligen Ablauf einer chemischen bzw. biochemischen Reaktion ist die freie Energie ΔG, manchmal auch als GIBBS-Energie bezeichnet. Ist diese negativ, also kleiner als Null, läuft die Reaktion freiwillig ab. Ist ΔG aber positiv, so läuft der Prozess nicht freiwillig ab, sondern es muss "nachgeholfen" werden.

Beim Auflösen von Ammoniumnitrat in Wasser ist ΔG offensichtlich negativ, sonst würde die Reaktion nicht spontan ablaufen. Aber wie kann das sein, wo wir doch wissen, dass die Reaktion endotherm ist, dass also ΔH größer als Null ist?

Die Ursache hierfür ist die Zunahme der Entropie ΔS beim Auflösen des kristallinen Salzes. Im festen Zustand besteht das Ammoniumnitrat aus Kristallen. Kristalle sind hochgeordnete Anordnungen von Ionen, die Entropie eines Salzkristalls ist sehr klein. Beim Auflösen verschwindet diese hohe Ordnung; die gelösten Ionen bewegen sich völlig zufällig in der Lösung, die Unordnung bzw. Entropie nimmt beim Lösen stark zu. ΔS ist also recht positiv. Nun wird ΔS noch mit der absoluten Temperatur multipliziert und das Produkt wird dann von ΔH abgezogen. Ist T * ΔS also recht groß, so kann ΔG negativ werden, selbst dann, wenn ΔH positiv ist.

Alles verstanden? Nein? Dann noch einmal die Version, die garantiert jeder versteht:

Eine endotherme Reaktion kann freiwillig ablaufen, wenn dabei die Entropie des Systems stark zunimmt.

Ach ja, für Prozesse, bei denen ΔG negativ ist hat man den Fachbegriff exergonisch eingeführt. Entsprechend heißen Reaktionen, bei denen ΔG positiv ist, die also nicht freiwillig ablaufen, endergonisch. Bitte nicht verwechseln mit exotherm und endotherm!

Exotherm: Eine Reaktion, bei der ΔH negativ ist. Hier wird also Reaktionsenergie freigesetzt. Exotherme Prozesse laufen meistens freiwillig ab.

Exergonisch: Eine Reaktion, bei der ΔG negativ ist. Das kann zwei Ursachen haben:
Entweder ist ΔH negativ (exotherme Reaktion),
oder ΔH ist positiv (endotherme Reaktion), aber es findet eine starke Entropiezunahme ΔS statt.