Versuche mit Katzen

Die Abbildung zeigt das Ergebnis von Experimenten, die ZIMMERMANN 1972 mit Katzen durchführte. Er belastete die Druckrezeptoren von Katzenfüßen mit verschiedenen Gewichten und leitete mit einer aufwändigen Apparatur die jeweils erzeugten Aktionspotenziale ab.

Man kann hier gut sehen, dass die Aktionspotenziafrequenz nicht linear mit der Reizintensität steigt, sondern eher in Form einer Sättigungskurve. Die maximale Aktionspotenzialfrequenz liegt bei 250 bis 300 APs/s, denn wir hatten ja gesehen, dass ein Aktionspotenzial ungefähr 3-4 Millisekunden dauert. Pro Sekunde können daher maximal 250 - 300 Aktionspotenziale gebildet werden.

Stark schwankende Reizintensitäten

Manche Reize können in ihrer Intensität sehr extrem variieren. Jeder, der schon mal die manuellen Funktionen seiner Spiegelreflexkamera genutzt hat, weiß das. Bei sehr hellem Sonnenschein muss man die Blende auf 16 stellen und hat trotzdem noch eine kurze Belichtungszeit von 1/1000 Sekunde. In einem dunklen Zimmer bei Kerzenschein muss man dagegen die Blende voll aufdrehen, zum Beispiel auf 1,4 und hat trotzdem noch eine lange Belichtungszeit von vielleicht 1/15 Sekunde.

Wir wollen jetzt einmal den Helligkeitsunterschied ausrechnen zwischen diesen beiden Belichtungen.

Blende 16 = doppelt so dunkel wie Blende 11 = vier mal so dunkel wie Blende 8 = acht mal so dunkel wie Blende 5,6 = 16 mal so dunkel wie Blende 4 = 32 mal so dunkel wie Blende 2,8 = 64 mal so dunkel wie Blende 2 = 128 mal so dunkel wie Blende 1,4.

1/1000 Sekunde = doppelt so dunkel wie 1/500 Sekunde = viermal so dunkel wie 1/250 Sekunde = acht mal so dunkel wie eine 1/125 Sekunde = 16 mal so dunkel wie 1/60 Sekunde = 32 mal so dunkel wie eine 1/30 Sekunde = 64 mal so dunkel wie eine 1/15 Sekunde.

Nach dieser Rechnung ist das Licht bei Sonnenschein und (16 - 1/1000) genau 8192 mal so intensiv wie in der dunklen Kammer bei (1,4 - 1/15).

Unser Auge hat mit solchen starken Schwankungen überhaupt kein Problem; wir können sowohl im hellen Sonnenschein wie auch in einem dunklen Zimmer etwas sehen. Ein Axon kann aber diesen Unterschied von 1 : 8000 unmöglich linear in eine Aktionspotenzialfrequenz umsetzen. Schauen wir uns an, was ZIMMERMANN diesbezüglich herausgefunden hat:

In dieser Abbildung sehen wir eine logarithmische Abhängigkeit zwischen Reizintensität und Aktionspotenzialfrequenz. Eine solche Beziehung ist typisch für Sinneszellen, die ein sehr weites Reizspektrum wahrnehmen müssen. Katzen können sowohl nachts in sehr dunklen Kellern wie auch tagsüber im hellen Sonnenschein auf Mäusejagd gehen. Ihre Augen müssen sehr geringe Lichtintensitäten (10 lux) wie auch tausendfach höhere Lichtintensiäten (10000 lux) verarbeiten. Eine lineare Abhängigkeit der Aktionspotenzialfrequenz von der Reizintensität wäre nur extrem schwer umzusetzen.

Auch das Gehör der Katze arbeitet nach dem Prinzip der logarithmischen Abhängigkeit. Sowohl extrem leise Geräusche wie auch sehr laute Geräusche kann die Katze daher wahrnehmen.

Die Umsetzung von Reizen in eine Aktionspotenzialfrequenz erfolgt nur selten linear; meistens in Form einer Sättigungskurve oder sogar logarithmisch. Dies hat den Vorteil, dass ein sehr großes Spektrum an Reizintensitäten wahrgenommen werden kann.

Die Tatsache, dass viele Reize logarithmisch in eine Aktionspotenzialfrequenz umgewandelt werden, hat sich sogar in der Technik niedergeschlagen. Kennen Sie die Einheit der Lautstärke?

Ein Geräusch mit der Lautstärke 20 dB (Dezibel) ist zehn mal so laut wie ein Geräusch mit der Lautstärke 10 dB. Und 30 dB sind wiederum zehn mal so laut wie 20 dB und so weiter. Hier ein kleines Zitat aus der Wikipedia (Eintrag "Dezibel" vom 15. Juli 2014):

"Der menschliche Sinneseindruck verläuft in etwa logarithmisch zur Intensität des physikalischen Reizes (Weber-Fechner-Gesetz). Damit entspricht der Pegel der einwirkenden physikalischen Größe linear dem menschlichen Empfinden."