Enhancer und Silencer sind zusätzliche Kontrollsequenzen
Eine RNA-Polymerase kann sich nicht ohne weiteres an einen Promotor binden, erstmüssen sich bestimmte Transkriptionsfaktoren amPromotor befinden.
Zum Teil sehr weit vor dem Promotor liegen auf der DNA Enhancer-und Silencer-Regionen. Hierbei handelt es sich um Kontrollsequenzen,die die Transkription verstärken oder unterdrücken. Damit die Enhancerbzw. Silencer aktiv werden können, müssen sie zuvor weitere Transkriptionsfaktorenbinden, und zwar bestimmte Regulationsproteine.
Ein direkt vor einem Promotor liegender Enhancer oder Silencer könntedurch sein gebundenes Regulationsprotein die RNA-Polymerase direkt beeinflussen.Wie aber funktionieren Kontrollsequenzen, die weit vor dem zugehörigen Promotorliegen?
Eine Möglichkeit wäre, dass die an die Enhancer bzw. Silencer gebundenenProteine Moleküle herstellen, die dann die RNA-Polymerase beeinflussen, ähnlichwie zum Beispiel Lactose den lac-Repressor beeinflusst.
Eine andere und wahrscheinlichere Möglichkeit ist die, dass die Regulationsproteine,die an einen Enhancer oder Silencer gebunden sind, direkten Kontakt mit den Transkriptionsfaktorenaufnehmen, die an den Promotor gebunden sind. Dadurch würde sich eine Schleifein der DNA bilden. Irgendwie hat das dann wiederum Auswirkungen auf die Aktivitätder RNA-Polymerase.
Eine kleine Bildertour
Auf diesem Bild sieht man die DNA mit dem Promotor und dem Operator sowie einemweit davon entfernten Enhancer. Außerdem sind schon die notwendigen Trankriptionsfaktorenund die RNA-Polymerase zu sehen.

Hier hat sich ein Transkriptionsfaktor an den Promotor gesetzt, und das Regulationsproteinfür den Enhancer wurde durch einen Effektor aktiviert, z.B.durch ein Hormon, das von außen in die Zelle eingedrungen ist.

Im nächsten Schritt hat sich die RNA-Polymerase an den Promotor gesetzt.Das Enhancer-Regulationsprotein nähert sich dem Enhancer.

Jetzt kann die Transkription beginnen! Das Enhancer-Regulationsprotein bildetmit dem grün gezeichneten Transkriptionsfaktor einen Komplex und aktiviert dadurchdie RNA-Polymerase.
Sexualhormone aktivieren bestimmte Gene von außerhalb der Zelle
Kommen wir nun zur "Anwendung" des bisher Gesagten. Dazu betrachtenwir ein bekanntes Beispiel, nämlich die Wirkung von Sexualhormonen auf ihreZielzellen.
Hormone gehören zu den primärenBotenstoffen, ähnlich wie die Neurotransmitter. Sie werden in bestimmtenZellen hergestellt und verbreiten sich über die Blutbahn. Bestimmte Zellen,die Zielzellen, haben spezifische Rezeptoren fürdiese Hormone in ihrer Membran. An diese Rezeptoren können die Hormon-Molekülenach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip andocken und dann verschiedene Dinge bewirken.
Manche Hormone aktivieren zum Beispiel eine Adenylat-Zyklase aufder Innenseite der Membran, die dann cAMP herstellt - einen sekundären Botenstoff.Dieses cAMP wiederum kann direkt zum Zellkern wandern und bestimmte Gene aktivieren(siehe z.B. Einfluss von Glucose auf das lac-Operon), oderes kann bestimmte Enzyme des Zellplasmas aktivieren, die dann ihrerseits Stoffe herstellen,die zum Zellkern wandern und dort Gene aktivieren oder auch hemmen.
Bestimmte Hormone wandern zusammen mit ihrem Rezeptor in das Zellplasma und bewirkendort allerlei Effekte. Die Sexualhormone gehören zu dieser Gruppe von Hormonen.
Der Hormon-Rezeptor-Komplex wandert in den Zellkernund bindet sich dort an einen Enhancer. Mit seinem anderen Ende nimmt der KomplexKontakt zum Promotor bzw. zu den an den Promotor gebundenen Transkriptionsfaktorenauf; es kommt zur Schleifenbildung:

Die obige Abbildung kann man jetzt so interpretieren: Die blaue Kugel oben istder Hormon-Rezeptor-Komplex (blau = Rezeptor, grün = Hormon). Die grüneEllipse unten ist die RNA-Polymerase, und das grüne Rechteck unten ist ein Transkriptionsfaktor,der an den Promotor gebunden ist.