Lernziele

Wenn Sie diese Seite durchgearbeitet haben, sollten Sie wissen

  • was man unter Isotopen versteht,
  • wie man Bakterien oder Viren radioaktiv markieren kann,
  • welcher grundlegende Unterschied zwischen Nucleinsäuren und Proteinen besteht,
  • wie Hershey und Chase all diese Fakten ausgenutzt haben, um mit Viren nachzuweisen, dass die DNA die Erbsubstanz ist.

Proteine sind komplexe Makromoleküle, die aus vielen Aminosäuren zusammengesetzt sind. Eine dieser Aminosäuren ist Cystein, eine andere Aminosäure ist Methionin. Cystein und Methionin sind die einzigen Aminosäuren, die neben Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff das Element Schwefel enthalten. Da Proteine aus Aminosäuren aufgebaut sind, kann man auch sagen, dass Proteine das Element Schwefel enthalten. Sonst gibt es nur recht wenige Verbindungen in den Zellen, die Schwefel enthalten. Nucleinsäuren gehören nicht dazu, sie enthalten keine Schwefel-Atome. Dafür kommt in Nucleinsäuren das Element Phosphor vor, das wiederum nicht in Proteinen enthalten ist. Es gibt nämlich keine Aminosäure, die Phosphor-Atome besitzt.

Proteine enthalten Schwefel, aber keinen Phosphor. Nucleinsäuren dagegen enthalten Phosphor, aber keinen Schwefel.

Diesen Umstand nutzten Alfred HERSHEY und Martha CHASE 1952 aus, um nachzuweisen, dass tatsächlich die DNA der Überträger der Erbinformation ist. Dazu dachten sie sich ein raffiniertes Experiment mit Bakteriophagen aus.

Bakteriophagen ("Bakterienfresser", kurz Phagen) sind Viren, die ausschließlich Bakterien befallen. Ist eine Bakterienzelle von Phagen befallen, wird sie zu einer Phagenfabrik umprogrammiert. Statt zelleigener Substanzen produzieren die infizierten Bakterien neue Phagen. Phagen bestehen wie viele Viren nur aus zwei Komponenten: Protein und Nucleinsäure (DNA), wobei das Protein die DNA umhüllt.

Hershey und Chase wandten bei ihren Versuchen die Methode der radioaktiven Markierung von Molekülen an. Dabei werden bestimmte Atome eines Moleküls durch radioaktiv strahlende Isotope ersetzt.

Isotope

Im Chemieunterricht der Sek. I haben Sie gelernt, wie ein Atom aufgebaut ist. Schwefel-Atome beispielsweise bestehen aus einem Atomkern mit 16 Protonen und 16 Neutronen, und um den Atomkern herum kreisen 16 Elektronen. Wegen der 16 Protonen hat Schwefel die Ordnungszahl 16, und da sich insgesamt 32 Teilchen im Atomkern aufhalten, hat Schwefel die Atommasse 32. Neben diesen "normalen" Schwefel-Atomen gibt es aber auch Schwefel-Atome, die ein oder zwei Neutronen mehr haben. Die Zahl der Protonen und Elektronen ist bei diesen Atomen aber immer noch genau 16, es handelt sich also weiterhin um Schwefel-Atome. Solche Atome, die sich nur in der Zahl der Neutronen unterscheiden, werden als Isotope bezeichnet. Eines dieser Schwefel-Isotope hat drei Neutronen mehr im Atomkern als der "normale" Schwefel. Dieser Schwefel wird dann als 35S bezeichnet, im Gegensatz zum normalen 32S-Schwefel. Der 35S-Schwefel ist radioaktiv.

Radioaktive Markierung

Lässt man nun Zellen in einem Nährmedium wachsen, dem radioaktiver 35S-Schwefel zugesetzt wurde, so bauen die Zellen dieses Schwefel-Isotop in ihre Proteine ein. Natürlich darf man nicht zu viel von dem radioaktiven Schwefel dazugeben, dann würden die Zellen vielleicht absterben. Aber ein paar radioaktive Atome reichen schon aus, damit man die so behandelten Zellen sichtbar machen kann. Legt man beispielsweise einen Objektträger mit solchen "strahlenden" Zellen auf einen photographischen Film, so wird dieser durch die Strahlung an den Stellen, wo sich solche Zellen befinden, schwarz gefärbt. Auch mit anderen Methoden kann man heute solche radioaktiven Stellen nachweisen.

Kommen wir nach diesen Vorbemerkungen für Leute, die in Chemie nicht mehr so ganz fit sind, zu den eigentlichen Versuchen, die von Hershey und Chase durchgeführt wurden.

HERSHEY-CHASE-Experiment 1
Durchführung:

Bestimmte Phagen werden zunächst mit radioaktivem Schwefel 35S markiert (siehe Kasten oben). Dann wird eine Kultur von Bakterien mit diesen Phagen infiziert.

Nun werden die Bakterien in einen Mixer gegeben und ordentlich "durchgerüttelt", so dass die Phagen, die noch außen auf den Bakterien sitzen, abfallen.

Anschließend wird die Mischung aus infizierten Bakterien und abgefallenen Phagen zentrifugiert. Die schweren Bakterien setzen sich am Boden des Zentrifugenglases ab, die abgefallenen leichten Phagen bleiben in der Flüssigkeit oberhalb des Bodensatzes.

Beobachtungen:

Nach der Zentrifugation konnte im Bodensatz keine Radioaktivität gemessen werden. Die Flüssigkeit jedoch war deutlich radioaktiv.

HERSHEY-CHASE-Experiment 2
Durchführung:

Die gleichen Phagen wie im ersten Experiment werden mit radioaktivem Phosphor 32P markiert. Eine andere Bakterienkultur wird jetzt mit diesen Phagen infiziert. Auch diese Bakterien werden in einen Mixer gegeben und die so erhaltene Mischung wird dann zentrifugiert.

Beobachtungen:

Nach der Zentrifugation konnte im Bodensatz eine deutliche Radioaktivität gemessen werden. Die Flüssigkeit jedoch war nicht radioaktiv.

Hershey und Chase schlossen aus diesen Beobachtungen, dass die Viren-DNA für die Transformation der Bakterien in Virenfabriken verantwortlich ist. Die DNA ist der Überträger der dafür notwendigen Erbinformation. Die Viren-Proteine spielen dagegen keine Rolle bei dieser Informationsübertragung.

Im zweiten Experiment fand man in dem aus Bakterien bestehenden Bodensatz eine messbare Radioaktivität. Woher hatten die Bakterien diese Radioaktivität? Diese konnte nur aus den Viren gekommen sein. Aber nur die DNA der Viren war bei Experiment 2 radioaktiv markiert, die Proteine nicht. Also konnten Hershey und Chase schlussfolgern, dass die Viren ihre DNA in die Bakterienzellen geschleust hatten und dass die DNA der Überträger der Erbinformation war.

Kurze Zeit nach diesen wichtigen Versuchen konnte man die DNA aus Bakteriophagen isolieren und direkt mit Bakterienzellen in Kontakt bringen. Und tatsächlich, auch jetzt entstanden neue Bakteriophagen. Damit war also unwiderlegbar bewiesen, dass die DNA der Träger der Erbinformation ist.

HERSHEY-CHASE-Experiment

Mit Hilfe radioaktiver Markierung von Schwefel und Phosphor konnte nachgewiesen werden, dass die Radioaktivität nur dann in Bakterienzellen eindringt, wenn der Phosphor markiert wurde. Damit wurde bewiesen, dass die DNA für die Erzeugung neuer Phagen verantwortlich ist - DNA ist der physikalische Träger der Erbinformation.